Neuausgabe ÖNORM B 2110

29.08.2023

In der österreichischen Bauwirtschaft ist die ÖNORM B 2110 die gängige "Schablone" für viele Bauverträge. Sie beinhaltet rechtliche sowie technische Vertragsbestimmungen, die teilweise erheblich von den gesetzlichen "Normal"-Bestimmungen des ABGB abweichen, um der bauwirtschaftlichen Praxis gerecht zu werden. Die ÖNORM B 2110 enthält allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen, welche von den Vertragspartner:innen explizit vereinbart werden müssen, um zu gelten. Herausgegeben wird die ÖNORM B 2110 vom Normungsinstitut Austrian Standards International (ASI). Wir möchten Sie darüber informieren, dass die Neuausgabe am 1. Mai 2023 erschienen ist. Die wesentlichsten Änderungen iZm der Überarbeitung der B2110 sind hier kurz dargestellt:

Wesentliche Änderungen iZm der Neuausgabe der ÖNORM B 2110:

  • Das Leistungsziel gemäß Punkt 3.9. definiert sich nunmehr nicht mehr als „angestrebter Erfolg“ der Leistungen des Auftragnehmers, sondern als „angestrebter Zweck“.210
  • Unter Punkt 3.16. findet sich nun eine Definition für „Value Engineering“. Darunter wird das Verfahren zur Behandlung alternativer Ausführungsvorschläge des Auftragnehmers nach Vertragsabschluss verstanden.
  • Neustrukturierung Punkt 4.2.2 (Angaben)
  • Bei Vereinbarung der ÖNORM B2110 sind die Vertragspartner nun verpflichtet, auf Verlangen alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die zur Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an die eingesetzten Baumaterialien bzw. Bauteile erforderlich sind (Punkt 5.2.6.)
  • Der bisher bereits festgeschriebene Rücktrittsgrund vom Vertrag bei Untergang der Leistung wird dahingehend modifiziert, dass nun ein Rücktritt bereits bei Untergang eines großen Teils der Leistung möglich ist.
  • Verschiebung Punkt 5.9 in neuen Abschnitt 12 „Streitigkeiten“
  • Der Terminus „garantierte Angebotssumme“ im Zusammenhang mit Alternativangeboten wird durch den Begriff des „garantierten Gesamtpreises“ ersetzt (Punkt 6.3.3).
  • Die Regelung zum Fixgeschäft gemäß Punkt 6.5.2. entfällt.
  • Verschiebung des Themas „Vertragsstrafe“ von Punkt 6.5.3 nach Punkt 11.3 „Schadenersatz und Vertragsstrafe“
  • Präzisierung der Anforderungen an Leistungsabweichungen inkl. Folgen in Abschnitt 7. Die Zumutbarkeit einer Leistungsabweichung für den Auftragnehmer wurde bisher nicht näher definiert. In der aktuellen Ausgabe wird nun festgehalten, dass eine Abweichung jedenfalls zulässig ist, wenn sie mit den ursprünglich erforderlichen Produktionsfaktoren erbracht werden kann. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss nicht, dass die Notwendigkeit zusätzlicher Produktionsfaktoren die Zumutbarkeit zwingend ausschließt.
  • Die Regelung zur Schlussfeststellung gemäß Punkt 11. entfällt.
  • Das Ende der Verjährungsfrist zur Geltendmachung der Rechte aus der Gewährleistung wird angepasst und endet nun 3 Monate nach Ablauf der Gewährleistungsfrist.
  • Bei Entscheidung einer Streitigkeit durch ein Schiedsgericht ist jenem bei der Wirtschaftskammer Österreich der Vorzug vor einem Ad-hoc Schiedsgericht (von den Parteien kontrolliertes Schiedsverfahren) zu geben.
  • Formulierungsvorschläge zu den Themen kostenmindernde Leistungsänderungen und Bonusregelung im Anhang.
  • Update der Verweisungen und Literaturhinweise

Weiters möchten wir Sie darüber informieren, dass der ASI auch Redline-Dokumente anbietet. Redline ist ein Vergleichsdokument, in dem Änderungen farblich gekennzeichnet und nicht mehr gültige Informationen durchgestrichen sind. Diese können hier https://www.austrian-standards.at/redline bezogen werden