ZTG 2018: Wie kommt es zu Stande und was sind die nächsten Schritte?

Der Begutachtungsentwurf zum ZTG 2018 liegt vor. Wie ist der Entwurf entstanden? Und was sind die nächsten Schritte bis zum fertigen Gesetz? Einen Überblick zum Gesetzgebungsprozess finden Sie hier.

Formelles Verfahren

Das ZTG 2018 soll in der Form einer Regierungsvorlage vom Nationalrat beschlossen werden. Im Folgenden werden daher die einzelnen Schritte bei der Behandlung einer Regierungsvorlage erläutert.


Ministerialentwurf
Der Erstellung einer Regierungsvorlage geht ein Begutachtungsverfahren voraus.

Grundlage des Begutachtungsverfahrens ist ein Ministerialentwurf des zuständigen Ministeriums, in unserem Fall des Wirtschaftsministeriums. Dieser wird an andere Ministerien, die Bundesländer und an Interessensvertretungen zur Stellungnahme übermittelt. Dieser – allererste – Schritt ist am 6.7.2017 erfolgt.

Nächster Schritt ist der Beschluss der Regierungsvorlage im Ministerrat. Beschlüsse im Ministerrat erfolgen einstimmig.

Die beschlossene Regierungsvorlage wird dem Nationalrat zugeleitet. Der Nationalrat könnte gleich nach dieser Zuleitung eine erste Debatte über die Grundsätze der Vorlage durchführen (“Erste Lesung“). Das ist aber die absolute Ausnahme. Im Falle des ZTG 2018 würde sogleich die Zuweisung an den zuständigen Ausschuss, in unserem Fall ist das der Wirtschaftsausschuss, erfolgen. Der Ausschuss debattiert die Regierungsvorlage und erstellt einen Bericht an das Plenum des Nationalrates. Im Zuge der Vorberatung kann der Ausschuss Änderungen beschließen. Dies kommt relativ häufig vor.

Im Plenum wird über diesen Bericht debattiert und abgestimmt („Zweite und Dritte Lesung“). Auch im Plenum können noch Änderungen erfolgen.

Jeder Gesetzesbeschluss des Nationalrats ist sodann dem Bundesrat vorzulegen, der innerhalb von acht Wochen Einspruch erheben kann. Wird ein begründeter Einspruch erhoben, so geht der Gesetzesbeschluss wieder an den Nationalrat zurück. Dieser kann einen Beharrungsbeschluss fassen, wobei die Anwesenheit der Hälfte der Nationalräte erforderlich ist.

Beurkundung des Gesetzes
Die Beurkundung eines Gesetzesbeschlusses erfolgt durch die Unterschrift des Bundespräsidenten und die Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler. Bei der Beurkundung prüft der Bundespräsident nur das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzes, er verfügt (anders als etwa der US-Präsident) über kein inhaltliches Vetorecht.

Kundmachung
Der beurkundete Gesetzesbeschluss ist im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Sofern nichts anderes bestimmt ist, tritt das Bundesgesetz nach Ablauf des Tages der Herausgabe des Bundesgesetzblattes in Kraft.


Informelles Verfahren

Das formelle Verfahren laut Bundesverfassung wird durch die österreichische „Realverfassung“ überlagert. Egal wie man zu dieser Realverfassung steht, für eine erfolgreiche Arbeit einer Interessensvertretung ist es nötig deren – ungeschriebene – Regeln zu kennen:

Kern der Realverfassung ist, dass Parteien, die gemeinsam über eine Mehrheit im Nationalrat verfügen, eine Koalitionsvereinbarung treffen. Obwohl diese nirgends einklagbar ist, wird sie üblicherweise genau beachtet. Eine Koalitionsvereinbarung enthält einerseits das gemeinsame „Regierungsprogramm“ mit inhaltlichen Festlegungen für einzelne Politikfelder. Daneben gibt es Vereinbarungen über die prozeduralen Abläufe in einer Koalition. So wird z.B. vereinbart, einander im Nationalrat nicht zu überstimmen.

Die Vereinbarung, einander nicht zu überstimmen, führt dazu, dass politische Aushandlungsprozesse nicht primär im Parlament erfolgen, sondern bereits weit früher: So hat etwa die gegenwärtige Koalitionsregierung vereinbart, dass schon die Versendung eines Ministerialentwurfes nur mit Zustimmung des Koalitionspartners erfolgt. Dazu verfügt jedes Ministerium über ein „Spiegelministerium“ des Koalitionspartners. Im Fall des Wirtschaftsministeriums handelt es sich um das Sozialministerium. Somit war bereits für die Versendung des ZTG 2018 die Zustimmung des Sozialministeriums erforderlich. Diese ist – trotz derzeitigem Vorwahlkampf – relativ rasch erfolgt. Dabei war sowohl ein aktueller Kontakt von Vizepräsident Kolbe zu Sozialminister Stöger hilfreich als auch eine bereits im Herbst 2016 erfolgte Information des Büros des Sozialministers über die zu erwartenden Inhalte der Novelle durch das Generalsekretariat.

In der derzeitigen Bundesregierung spielen auch die Sozialpartner wieder eine größere Rolle. Das Wirtschaftsministerium stimmt sich mit der WKO ab. Das Sozialministerium mit der AK. „Einsprüche“ dieser Institutionen können ein Gesetz zu Fall bringen, bevor der formelle Prozess der Gesetzwerdung überhaupt begonnen hat. Vor diesem Hintergrund bemüht sich unsere Kammer um ein gutes Verhältnis zur AK und zur WKO. Dies auch deshalb, weil bei vielen Gesetzen (z.B. dem Vergabegesetz oder auch dem Normengesetz) parallele Interessen bestehen und wir mehr erreichen können, wenn wir mit diesen – mächtigeren – Kammern an einem Strang ziehen.

Die befassten Ministerien, die zuständigen Bereichssprecher der Koalitionsparteien, aber auch andere Interessensvertretungen erwarten von uns, dass wir nach außen mit einer Stimme sprechen. Für unterschiedliche interne Interessen oder Ziele sind interne Kompromisse zu finden. Gelingt uns dies nicht und tragen unterschiedliche Akteure unterschiedliche Anliegen an andere Stakeholder heran, dann ist ein Erfolg extrem unwahrscheinlich. „Ihr könnte Euch ja nicht mal selbst einigen!“ werden wir dann überall zu hören bekommen.

Die Inhalte der geplanten ZTG Novelle wurden daher in einem Ausschuss diskutiert, dem die Präsidenten aller Länderkammern, die Spitzen der beiden Bundessektionen sowie Präsident und Vizepräsident der Bundeskammer angehörten. Ein erster Entwurf des Ministeriums wurde in zwei Sitzungen des Kammertages erörtert. Durch diese gründliche Beschäftigung mit dem ZTG hat die Kammer versucht, die für einen Erfolg erforderliche Geschlossenheit herzustellen.

All diese informellen Einflussnahmen erfolgten noch vor dem Start des allerersten formellen Schrittes, der vor kurzem erfolgten Versendung des Ministerialentwurfs zur Stellungnahme. Alles was wir bereits erreicht und im Entwurf verankert haben steht – hoffentlich – nicht mehr zur Debatte. Selbstverständlich werden wir zum Ministerialentwurf auch formell Stellung nehmen und weitere Verbesserungen im Sinne der Mitglieder vorschlagen. Sollten wir damit da oder dort nicht durchdringen, werden wir unsere Bemühungen im Parlament fortsetzen.


Weiterer Terminplan

Die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf endet am 1.9.2017. Bis dahin wird die Bundeskammer unter Zusammenarbeit mit den Länderkammern und Sektionen eine Stellungnahme abgeben. Nächster Schritt wäre ein einstimmiger Beschluss einer Regierungsvorlage im Ministerrat. Ob vor der Nationalratswahl noch Nationalratssitzungen stattfinden sollen ist derzeit Gegenstand politischer Debatten. Der Ausgang dieser Debatten ist nicht prognostizierbar, ebenso wenig, ob das ZTG 2018 noch auf die Tagesordnung genommen und beschlossen werden würde.