Fortbildungsverpflichtung der ZT: Konkretisierung dient der Rechtssicherheit und der Verteidigung des Berufstandes

Das geltende ZTG legt lediglich fest, dass sich ZiviltechnikerInnen „laufend“ fortzubilden haben. Das Gesetz lässt aber derzeit völlig offen, in welchem Ausmaß und in welcher Form dies zu geschehen hat. Im Streitfall entscheiden somit (im Nachhinein!) Gerichte, ob die Fortbildung angemessen war oder nicht. So könnte etwa eine Haftpflichtversicherung die Zahlung verweigern, weil sich der/die versicherte ZiviltechnikerIn eben nicht „ausreichend“ fortgebildet hat. Eine Konkretisierung der Fortbildungsverpflichtung ist daher sowohl aus Sicht des Ministeriums als auch der Kammer erforderlich, um Rechtssicherheit zu schaffen.

Ziel der Kammer ist es, dass die Bundessektionen Ausmaß und Form der Fortbildungsverpflichtung  regeln sollen und dass sie dabei über einen möglichst großen Spielraum verfügen.

Die Konkretisierung der Fortbildungsverpflichtung ist aus Sicht des Ministeriums auch aus einem weiteren Grund nötig: Die für die ZiviltechnikerInnen zuständigen Beamten des Wirtschaftsministeriums (früher Ministerialrat Einfalt, jetzt Ministerialrat Bernbacher) setzen sich für den Berufsstand ein und kämpfen seit Jahren dagegen an, dass Prüftätigkeiten, die früher per Gesetz ZiviltechnikerInnen vorbehalten waren, auf „Zertifizierungsstellen“ übertragen werden. Die Zertifizierung von Produkten und Personen durch akkreditierte Stellen hat sich – ausgehend vom angelsächsischen Raum und befördert durch die EU – zu einer riesigen Geschäftemacherei entwickelt.

Zertifizierungsstellen sind spätestens alle fünf Jahre im Rahmen einer Wiederholungsbegutachtung und dazwischen im Rahmen von Überwachungen zu überprüfen.


Das ist eines der Argumente für die Zertifizierungsstellen: Es wird alle paar Jahre überprüft (ein gutes Geschäft!), ob die erforderlichen spezifischen Kenntnisse auf dem jeweiligen Fachgebiet noch vorhanden sind.

„Unsere“ Aufsichtsbeamten (und natürlich wir als Kammer) halten dagegen: ZiviltechnikerInnen sind bestens ausgebildet und verfügen eben nicht nur über hochspezialisiertes Wissen, sondern auch über die Fähigkeit zu vernetztem Denken. Gegenargument der „Zertifizierer“: Wer garantiert, dass dieses hochspezialisierte Wissen auf aktuellem Stand gehalten wird? Hier werden unsere Aufsichtsbeamten durch die Fortbildungsverpflichtung argumentativ gestärkt.

Es ist also allerhöchste Zeit, die Fortbildungspflicht zu konkretisieren, um besser argumentieren zu können, dass die Qualifikation von ZiviltechnikerInnen eben nicht nur am Beginn der Tätigkeit überprüft wird, sondern durch Fortbildung laufend aufrecht erhalten wird. Aus Sicht der Kammer sind beide Intentionen des Ministeriums (Schaffung von mehr Rechtssicherheit, Verteidigung des Berufsstandes) somit zu begrüßen.

Bundessektionen entscheiden selbst

Zu begrüßen ist auch, dass das Ministerium die Forderung des Kammertages erfüllt hat, wonach die beiden Bundessektionen die Konkretisierung der Fortbildungsverpflichtung vornehmen dürfen. Allerdings engt das Ministerium im Entwurf den Spielraum der beiden Bundessektionen ein, indem es ein bestimmtes Stundenausmaß an Berufsfortbildung pro Jahr festlegt. Bei der Gestaltung der Fortbildungsverpflichtung sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der  in unserer Kammer vertretenen Befugnisse zu berücksichtigen. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass Berufsfortbildung keineswegs mit dem Besuch von Seminaren gleichzusetzen ist. Charakteristisch für einen hochqualifizierten Freien Beruf ist, dass die wirksamste Form der Weiterbildung durch berufliche Erfahrung, die Lösung von Problemen am Arbeitsplatz, eigene Vortragstätigkeit, die Teilnahme an Architekturwettbewerben udgl. erfolgt. Dass gerade diese Prozesse informellen Lernens am effektivsten sind, ist bildungswissenschaftliches Gemeingut und wird – z.B. – auch von der EU seit langem anerkannt.

Die Kammer hält jedenfalls die Festlegung eines bestimmten Stundenausmaß an Berufsfortbildung pro Jahr im Gesetz für unnötig und wird die Streichung dieser Passage in ihrer Stellungnahme zum Ministerialentwurf vorschlagen. Erklärtes Ziel ist es, dass der Gesetzgeber den Bundessektionen weitest mögliche Autonomie in der Gestaltung der Fortbildungsverpflichtung einräumt.