PARTEIEN IM CHECK - NR-WAHL 2017

1. Deregulierung

Mit dem  „Dienstleistungspaket“, das die EU-Kommission im Jänner 2017 vorgestellt hat, versucht diese, den Spielraum der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gestaltung ihrer nationalen Berufsregelungen zu minimieren. Die EU-Kommission greift nationale gesetzliche Bestimmungen, die den Zugang und die Ausübung von Berufen regeln, auch in mehreren Vertragsverletzungsverfahren an. 

Die EU-Kommission geht davon aus, dass Deregulierung – z.B. von Berufszugangsregeln – zu mehr Wirtschaftswachstum führt. Dieser Glaube wird von manchen WirtschaftswissenschafterInnen geteilt, von anderen – unter Hinweis auf Deutschland, dessen Berufszugangsregeln stark reguliert sind und welches „dennoch“ beständig ein sehr hohes Wirtschaftswachstum aufweist –  bestritten. Gewiss ist demgegenüber, dass Deregulierung wirtschaftliche Konzentrationsprozesse zum Nachteil von Klein- und Mittelbetrieben (KMU) befördert und bewährte Qualitätsstandards, die der Sicherheit und dem Konsumentenschutz dienen, in Frage stellt. Das bewährte System der Berufszugangserfordernisse für ZiviltechnikerInnen garantiert derzeit, dass ZiviltechnikerInnen über das notwendige Know-how verfügen, um ihre hochkomplexen Dienstleistungen zu erbringen. Diese Dienstleistungen haben direkte Auswirkungen auf Sicherheit und Qualität der gebauten Umwelt. 

Aus Sicht der Kammer der ZiviltechnikerInnen ist daher sehr erfreulich, dass der österreichische Bundesrat am 15.3.2017 einstimmig gegen die Pläne der EU-Kommission auf dem Gebiet der Berufszugangserfordernisse Subsidiaritätsrügen erhoben hat. 

Die österreichische Politik sollte am Ziel eines Politikwechsels innerhalb der EU-Kommission festhalten und auch bei der Besetzung der EU-Kommission im Jahre 2019 berücksichtigen.

Frage:

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass bei der Bildung der neuen Kommission im Jahr 2019 von Österreich eine Persönlichkeit nominiert wird, bei der sichergestellt ist, dass sie der Liberalisierungspolitik der EU-Kommission – insbesondere im Bereich der Berufszugangsregeln – kritisch gegenübersteht?

SPÖ

Selbstverständlich werden wir uns dafür einsetzen, dass für die Bildung einer neuen Kommission 2019 eine Persönlichkeit nominiert wird, die sich in allen Belangen für die Interessen Österreichs und Europas einsetzt. Allerdings ist noch keineswegs abzusehen, welche Zuständigkeitsbereiche die/der österreichische VertreterIn der EU-Kommission haben wird.

ÖVP

Die Europäische Union hat nachhaltig Frieden auf unserem Kontinent gebracht. 

War das ursprüngliche Ziel des Binnenmarkts, die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu stärken, ist dieses Ziel durch die drückende Last der Regulierungen aber massiv in Gefahr. Denn die Union weitet ihre Kompetenzen immer mehr in Bereiche aus, die über den ursprünglichen Ansatz hinausgehen. Während die Welt weiter wächst, hinkt Europa in den letzten Jahren hinterher. Vor allem für die KMUs, dem Rückgrat der europäischen Wirtschaft, gibt es bei 21.000 EU-Richtlinien und 85.000 Seiten Rechtsbestand keinen Durchblick mehr. 

Wir brauchen hier einen Kurswechsel auf oberster Ebene und eine stärkere Rückbesinnung auf die Gründungsidee der Union. Wir brauchen einen neuen Subsidiaritätspakt, die EU muss sich wieder auf ihre Kernkompetenzen fokussieren, bei denen der gemeinsame Handel im Zentrum steht. Wir müssen daher auch die Strukturen verschlanken, die Kommission verkleinern und sollten die Präsidentin oder den Präsidenten der Europäischen Kommission direkt vom Volk wählen lassen. 

FPÖ

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DIE GRÜNEN

Eingangs ist auszuführen, dass wir grundsätzlich für europaweit einheitliche Zugangsvoraussetzungen zu regulierten Berufen sind und daher die diesbezügliche Grundintention des Dienstleistungspakets teilen. Das wesentliche Kriterium für die Regulierung eines Berufs ist für uns, ob diese zur Hintanhaltung einer Gefahr für Leib und Leben, Vermögen und/oder Umwelt nötig ist. Ist dies der Fall, so ist eine Regulierung unbedingt beizubehalten. Aus unserer Sicht dürfte das weite Berufsfeld der ZiviltechnikerInnen aufgrund dieser Kriterien auch weiterhin regulierungsbedürftig sein. Vor diesem Hintergrund werden wir uns auch dafür einsetzen, dass die von Österreich in die Kommission entsendete Persönlichkeit diese Auffassung teilt.

NEOS

Grundsätzlich vertreten wir die Ansicht, dass Regulierungen nur dort notwendig sind, wo Marktmechanismen versagen und zu negativen Effekten, wie z. B. Umweltbelastungen oder Unfällen, führen. Bürgerinnen und Bürger sollen möglichst eigenverantwortlich agieren können. Staatliche Eingriffe erreichen nur in den seltensten Fällen die vorgegebenen Ziele. Es ist uns aber wichtig, dass innerhalb dieses Rahmens die Wahrung des öffentlichen Interesses und die Vermeidung von negativen externen Effekten auch tatsächlich effektiv gesichert werden. Gerne werden wir uns dafür einsetzen, dass Österreich eine Persönlichkeit für die Europäische Kommission nominiert, die diese unsere Wertehaltung teilt.


2. Vergaberecht  - Auftragswertberechnung bei der Vergabe von Dienstleistungen: 

Die Art der Berechnung des Auftragswertes bestimmt, nach welchen Regeln Leistungen durch die öffentliche Hand beschafft werden. Dabei gilt: Je höher der Auftragswert, umso aufwändiger und teurer der Beschaffungsaufwand (EU-weite Bekanntmachung!) und umso höher die Zugangsschwellen für die potentiellen Bieter. Um Missbrauch zu verhindern, darf ein einheitlicher Auftrag allerdings nicht in einzelne Teile zerlegt werden. 

Über diesen sinnvollen Grundsatz hinaus ist in der Regierungsvorlage zum neuen Bundesvergabegesetz aber auch für völlig unterschiedliche Dienstleistungen eine Pflicht zur Zusammenrechnung vorgesehen, wenn sie Teil eines größeren Projektes sind. Das betrifft in hohem Maße die Planung von öffentlichen Bauvorhaben. Diese bestehen neben der Architekturplanung und verschiedenen Fachplanungen auch aus einer Vielzahl an vorbereitenden und begleitenden Dienstleistungen, die nun alle zusammenzurechnen wären. Eine künstliche Aufblähung des Vergabevorgangs – zum Schaden von AuftraggeberInnen und AuftragnehmerInnen – wäre die Folge.

Weder die EU-Vergabe-RL noch der EuGH verpflichten den österreichischen Gesetzgeber zu dieser umfassenden Zusammenrechnung. Deutschland regelt dementsprechend diese Frage auch KMU-freundlicher und rechnet nur gleichartige Planungsleistungen zusammen. Ergebnis: der gleiche Auftrag, der in Passau in einem einfachen Verfahren zur Stärkung der regionalen Wirtschaft vergeben werden kann, muss in Schärding dagegen europaweit ausgeschrieben werden.

Die Regierungsvorlage zum neuen Bundesvergabegesetz liegt derzeit im Nationalrat zur Beschlussfassung. Eine Abänderung der nachteiligen Regelung könnte kurzfristig erfolgen.

Die Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen fordert daher:

keine Übererfüllung von EU-Vorgaben zum Nachteil der österreichischen Vergabepraxis

verpflichtende Zusammenrechnung nur für gleichartige Dienstleistungen innerhalb eines Projektes („Vorhaben“) 

Frage:

Werden Sie im Nationalrat eine Abänderung der Regierungsvorlage zum Bundesvergabegesetz unterstützen, mit welcher für die Auftragswertberechnung von Dienstleistungsaufträgen im Rahmen größerer Projekte nur gleichartige Dienstleistungen zusammenzurechnen sind? Wir weisen darauf hin, dass die Behandlung des Bundesvergabegesetzes ev. noch vor der Nationalratswahl stattfindet. 

SPÖ

Was die Regierungsvorlage zur Zusammenrechnung von Dienstleistungen betrifft, so bildet diese 1:1 die Regelung der EU-Richtlinie ab. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie nicht die Zusammenrechnung „gleichartiger Dienstleistungen“ vorsieht, sondern von allen Dienstleistungen, die zu einem einheitlichen Vorhaben gehören. Auch der Europäische Gerichtshof (vgl. Rs C-574/10, Kommission gegen Deutschland) hat bereits festgehalten, dass eine funktionelle Betrachtungsweise geboten ist und bei der Beurteilung zu prüfen ist, ob Dienstleistungen, deren Erbringung in verschiedenen getrennten Abschnitten erfolgte, als einheitlicher Auftrag anzusehen sind. Wesentlich ist der einheitliche Charakter in Bezug auf ihre wirtschaftliche und technische Funktion. Im Übrigen entspricht der Ansatz der Regierungsvorlage auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. 

ÖVP

Vergaberecht – Auftragswertberechnung bei der Vergabe von Dienstleistungen:

Wir haben uns im Vergaberecht immer dafür eingesetzt, dass die Klein und Mittelständische Wirtschaft in Österreich von Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird. Das haben wir bei der gegenständlichen Novelle erreicht. 

Was die Auftragswertberechnung betrifft regelt §16 Abs. 4 BVergG der Regierungsvorlage die Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Dienstleistungsaufträgen (= ein Vorhaben), wenn diese aus mehreren Losen bestehen. Diese Bestimmung setzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in einem Rechtsstreit Europäische Kommission gegen Deutschland um (EuGH RS C-574/10).

Aus dem zitierten Urteil ergibt sich, dass auch bei Dienstleistungsaufträgen eine funktionelle Betrachtungsweise vorzunehmen ist. Daher ist bei der Beurteilung, ob Dienstleistungen als einheitlicher Auftrag anzusehen sind, der einheitliche Charakter in Bezug auf ihre wirtschaftliche und technische Funktion zu prüfen. Weisen Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität auf so sind diese Leistungen zusammenzurechnen (vgl. Rz 41, 44 und 45 des Urteils).

Mit der in der Regierungsvorlage vorgesehenen Änderung des § 16 Abs. 4 (im Vergleich zur Fassung des BVergG 2006 idgF) wird diesem Urteil Rechnung getragen. Die nunmehrige Erweiterung der Zusammenrechnungspflicht ist daher unionsrechtlich vorgegeben.

FPÖ

Für den Erhalt Ihrer Fragen bzw. der Forderungen der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen zum Themenkomplex Vergaberecht und Vergabepraxis, welche wir mit Interesse gelesen haben, dürfen wir uns recht herzlich bedanken.

Dem Vernehmen nach ist derzeit nicht davon auszugehen, dass in der laufenden Gesetzgebungsperiode noch eine Novelle des Bundesvergabegesetzes im Nationalrat behandelt bzw. beschlossen werden wird.

Wir sind aber selbstverständlich gerne bereit, in der nächsten Gesetzgebungsperiode mit Ihnen zur näheren Erörterungen der von Ihnen übermittelten Forderungen und Vorschläge zum Vergaberecht einen Gesprächstermin zu vereinbaren.

DIE GRÜNEN

Die aktuelle Regelung zur Losvergabe in Deutschland (nur Zusammenrechnung gleichartigen Leistungen) gilt selbst unter ExpertInnen (siehe z.B. fachtagung-aktuell.de/wpcontent/uploads/sites/72/2017/02/Teilnahmewettbewerb-nach-VgV-und-UVgO_final.pdf ) als umstritten. Grundsätzlich ist das Ziel, Aufträge, die aufgrund ihres engen funktionalen Zusammenhanges einem Bieter / einer Bieterin „Kettenaufträge“ ermöglichen (sprich „künstlich“ in Lose geschnitten werden), zu verhindern. Denn Freunderlwirtschaft bringt niemandem was. Eine überschießende Regelung ist allerdings auch nicht sinnvoll – sie brächte wiederum Mehraufwand im Vergabeverfahren.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass hier Klarheit geschaffen wird: Es muss eindeutig definiert werden, bei welchem funktionalen „Nähegrad“ Aufträge als ein Auftrag bzw. Los zu sehen sind und wann als zwei Aufträge bzw. Lose. Weil weder bringt die enge und tw. widersprüchliche österreichische Auslegung etwas noch das erwartete Vertragsverletzungsverfahren bei der „lockeren“ deutschen Formulierung.

NEOS

Das Vergaberecht ist aus unserer Sicht wichtig um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen und Vetternwirtschaft oder gar Korruption im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge einzudämmen. Vergaberechtliche Regelungen sollten aber so einfach und unbürokratisch wie möglich gestaltet sein. Alleine der reine Gesetzestext der Regierungsvorlage eines Vergaberechtsreformgesetz 2017 umfasst aber 333 Seiten! Derartige Überregulierungen fördern die Bürokratie im Zuge der Vergabe öffentlicher Aufträge. Ein kompliziertes Vergaberecht erschwert auch Klein- und Mittelbetrieben den Zugang zu öffentlichen Aufträgen und schadet damit dem Wettbewerb

Österreich ist mit der Umsetzung der EU-Vergaberechtsrichtlinie säumig. Es drohen auch bereits Strafen. Wir sind daher für eine rasche Beschlussfassung, allerdings lehnen wir eine Übererfüllung der EU-Vorgaben zum Schaden der österreichischen Wirtschaft – auch im von Ihnen angesprochenen Punkt der Zusammenrechnung unterschiedlicher Dienstleistungen – ab. Die österreichische Umsetzung sollte im Ergebnis nicht zu einer Behinderung des Wettbewerbs führen.


3. Vergaberechtsschutz: Klagemöglichkeit für Interessensvertretungen

Wird ein/e BieterIn bei der Zuschlagserteilung rechtswidrig übergangen oder ohne triftigen Grund vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, besteht für ihn oder sie die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung Einspruch bei den Verwaltungsgerichten zu erheben. Die angefochtene Entscheidung betrifft ihn oder sie individuell und unmittelbar zu seinem/ihrem Nachteil. Anders ist die Situation im Stadium der Einleitung eines Vergabeverfahrens: Nicht das Interesse konkreter BieterInnen steht im Vordergrund, von rechtswidrigen Ausschreibungs- oder Teilnahmeunterlagen ist der gesamte potentielle BieterInnenkreis gleichermaßen negativ betroffen. Eine ähnliche Situation besteht bei der rechtswidrigen Vergabe eines Auftrags durch ein Verfahren ohne Bekanntmachung. 

Für diese Fälle sieht das Bundesvergabegesetz keinen geeigneten Rechtsschutz vor: Der/Die einzelne potentielle BieterIn müsste zugunsten aller Interessenten die allgemeinen Vergabeunterlagen anfechten, ohne selbst dadurch einen Auftrag zu gewinnen. Die Wahrung der Interessen des gesamten Bieterkreises an rechtskonformen, fairen Ausschreibungen sollte in den Aufgabenbereich der beruflichen Interessensvertretungen fallen. Anders als in anderen Rechtsgebieten – wie bspw. dem Konsumentenschutz – gibt es im Vergaberechtsschutz jedoch keine Klagemöglichkeit für Verbände. 

Auf EU-Ebene steht eine Neufassung der Rechtsmittelrichtlinie an. In absehbarer Zeit wird daher auch der Vergaberechtsschutz in Österreich novelliert werden.

Die Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen fordert daher:

Beseitigung dieses Rechtsschutzdefizits beim Zugang zu Nachprüfungsverfahren 

Einspruchsrecht für gesetzliche Interessensvertretungen gegen Ausschreibungsunterlagen und rechtswidrige Vergaben ohne öffentliche Ausschreibung und/oder 

Schlichtungsstelle/Ombudsstelle mit einem Antragsrecht für Interessensvertretungen in diesen Fällen

Frage:

Werden Sie im Nationalrat einen Antrag einbringen bzw. unterstützen, mit dem im Bundesvergabegesetz die Schaffung eines Einspruchsrechtes für gesetzliche Interessensvertretungen gegen rechtswidrige Ausschreibungsunterlagen und rechtswidrige Verfahren ohne öffentliche Bekanntmachung vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einer Schlichtungs- bzw. Ombudsstelle vorgesehen wird?

SPÖ

Die Frage der Klagemöglichkeiten für Interessenvertretungen wurde schon im Zusammenhang mit einer früheren BVergG-Novelle diskutiert und es wurde dieser Wunsch durchgehend (ausgenommen seitens der Interessenvertretungen selbst) abgelehnt. Auch die Bundesregierung hat diesen Wunsch stets abgelehnt, da dessen Umsetzung zu einer massiven Verzögerung bei der Realisierung von öffentlichen Projekten und Mehrkosten führen könnte.

ÖVP

Vergaberechtsschutz: Klagemöglichkeit für Interessensvertretungen

Der im Wesentlichen von den EU-Rechtsmittelrichtlinien vorgegebene Vergaberechtsschutz durch die Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder gehört zu den raschesten, kostengünstigsten und effektivsten Rechtsschutzsystemen in Österreich. Ihm liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Einhaltung des objektiven Vergaberechts am besten gewährleistet werden kann, wenn die an öffentlichen Aufträgen interessierten Unternehmer in Verfolgung ihrer subjektiven Rechte alle Entscheidungen des Auftraggebers anfechten können. Da die Bieter den Rechtschutzweg beschreiten können, liegt auch kein Rechtschutzdefizit vor. Bei einer "Klagemöglichkeit für Interessensvertreter"  würde dies einerseits zu mehr Verfahren (Verfahrensflut) und damit verbunden auch höheren Kosten, und zu Verzögerungen der Aufträge führen. 

FPÖ

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DIE GRÜNEN

Gesetzlichen Interessensvertretungen die Möglichkeit zu geben, gegen rechtswidrige öffentliche Ausschreibungen vorzugehen, ist ein sinnvoller Schritt, um den Rechtsschutz im Vergaberecht auszubauen und unterstützenswert. Damit die "Kontrolle" der Öffentlichkeit optimal wirken kann, müssen aber gleichermaßen auch Transparenzregeln erweitert werden (z.B. Veröffentlichungsgebote im Unterschwellenbereich). 

NEOS

Wir unterstützen Maßnahmen zur Verbesserung des Rechtsschutzes im Vergaberecht, insbesondere unbürokratische Vorgangsweisen wie außergerichtliche Schlichtungen. Wir unterstützen auch die Einrichtung einer Antragslegitimation für berufliche Interessensvertretungen in dem von Ihnen beschriebenen Bereich. Im Gegenzug sollte jedoch die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern – entsprechend unserer Forderung – abgeschafft werden. Interessensvertretungen sollen sich um ihre Mitglieder bemühen müssen und die Mitglieder sollen die Möglichkeit haben, ihre Mitgliedschaft zu beenden, wenn sie mit der von der Kammer verfolgten Politik nicht einverstanden sind.


4. Vergabepraxis: Maßnahmen gegen Marktkonzentration und mangelnde Kontrolle

Die Komplexität des österreichischen und europäischen Vergaberechtes, Personalknappheit (und damit verbunden: verloren gegangenes Know-how) bei öffentlichen Stellen und die durch die Maastricht-Kriterien angestoßene Flucht aus dem Budget haben dazu geführt, dass öffentliche Bauvorhaben zunehmend mittels „neuer“ Konstruktionen abgewickelt werden: Totalunternehmerverfahren, Generalübernehmerverfahren und PPP-Modelle.

Dabei handelt es sich um bloße Scheinlösungen bzw. um Modelle, die mit deutlich mehr Nachteilen als Vorteilen verbunden sind.

Diese Konstruktionen verschlechtern die Rahmenbedingungen österreichischer KMU, führen dazu, dass öffentliche Interessen unter die Räder kommen. Die Politik beraubt sich durch diese Modelle ihres Gestaltungsspielraumes und liefert sich übermächtigen Konzernen aus: Am Ende dieser Entwicklung stünden „Zenekons“ nach japanischem Vorbild, die für zahlreiche unwirtschaftliche Bauvorhaben und indirekt für die seit Jahren herrschende wirtschaftliche Stagnation und Überschuldung in Japan (mit-)verantwortlich sind. Die angeführten Konstruktionen nutzen regulatorische Grauzonen und konterkarieren vergaberechtliche und wirtschaftspolitische Zielsetzungen.

Aus Sicht der Kammer der ZiviltechnikerInnen ist die österreichische Politik aufgerufen, sich mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen, Fehlentwicklungen gegenzusteuern und regulatorische Lücken zu schließen.

Als geeigneter Rahmen hierfür erscheint die Einsetzung einer Enquetekommission gem. § 98 Abs. 4 – 7 GOG NR. Wir schlagen die Einsetzung einer solchen Enquetekommission vor.

Frage:

Unterstützen Sie diese Forderung?

Die mitgesendete Beilage zu Frage 4 enthält nähere Ausführungen zu den neuen Konstruktionen in der Vergabepraxis und deren Nachteilen für regionale Wirtschaft und öffentliches Interesse.

SPÖ

Die Einsetzung einer Enquete ist eine politische Frage. Aus fachlicher Sicht würde es sich empfehlen, vor Abhaltung einer Enquete zum Thema „Mangelnde Kontrolle gegen Marktkonzentration“ eine empirische Studie durchzuführen, inwieweit die behaupteten Effekte auch tatsächlich bestehen.

ÖVP

Vergabepraxis: Maßnahmen gegen Marktkonzentration und mangelnde Kontrolle

Wir müssen der überbordenden Bürokratie den Kampf ansagen. Immer öfter werden Behörden als willkürlich wahrgenommen, wie sie geltendes Recht auslegen, Verfahren für wichtige Infrastrukturprojekte ziehen sich über Jahre hin und Unternehmen können sich nicht mehr darauf verlassen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen von heute auch noch morgen gelten werden.

Hierfür verantwortlich sind aber in erster Linie nicht die Behörden, sondern die Komplexität der Gesetze, die sie vollziehen müssen. Hier braucht es signifikante Vereinfachungen und einen grundsätzlichen kulturellen Wandel. Wir wollen klare und einfache Regeln, an die sich aber wiederum alle halten müssen. 

Die Idee der Public-Private-Partnership (PPP) oder öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) gibt es schon lange. Gerade in den letzten Jahren ist zu beobachten, dass die Attraktivität und der Einsatz aus verschiedenen Gründen merkbar zurückgegangen sind. Eine parlamentarische Diskussion über PPP Modelle ist eine Option, es gibt aber zahlreiche weitere Möglichkeiten dafür. Die laufende Entwicklung steht in einem ständigen Diskurs  damit die Interessen der österreichischen KMU und der ausschreibenden Stellen im Sinne des öffentlichen Interesses nach einem sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Einsatz von Steuermitteln sichergestellt sind. 

FPÖ

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DIE GRÜNEN

Das Spannungsgebiet "All-inclusive-Pauschalprojekte" versus "einzelne Gewerke unter öffentlicher Federführung" ist ein komplexes Gebiet, welches vor allem den Baubereich vorkommt (mit leicht anderen Vorzeichen allerdings auch im Verkehrs- und Dienstleistungsbereich). Wir sehen eine saubere Paketierung von Projekten zur Vergabe an mehrere KMU als einen sinnvollen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung und leichteren Kontrolle. Das bedingt aber ein fähiges (öffentliches) Projektmanagement bzw. Leitungs- und Kontrollinstanzen, die komplexe Gewerke auch im Griff haben (was auch in der Vergangenheit nicht immer der Fall war ...). Da hier keine einfache Antwort möglich sein wird (Handelt es sich Bspw. um ein Projekt, das nur 1x in 30 Jahren gebaut wird oder häufigere gleichartige Projekte? Kann ich kurzfristig innerhalb einer öffentlichen Stelle Know-how aufbauen oder dauert das Jahre?) und PolitikerInnen dieses Wissen auch nicht so häufig parat haben werden, wäre eine ExpertInnenkommission sicherlich ein richtiger Weg, um dem Spannungsfeld zu begegnen.

NEOS

Wir teilen die Einschätzung, dass sich die österreichische Politik mit den von Ihnen angesprochenen Entwicklungen befassen sollte und unterstützen die Einsetzung einer Enquetekommission.